Rechtsanwalt Jens Ferner: "Für mich hat es den deutlichen Geschmack, dass man sich hier die Finger nicht verbrennen wollte, vielleicht auch gar nicht verstanden hat, worum es eigentlich geht"
Das Bundesverfassungsgericht(BVerfG) hatte die zwei Normenkontrollverfahren der Amtsgerichte in München und Wuppertal kurzerhand für unzulässig erklärt und damit nicht über die offensichtliche Verfassungswidrigkeit des aktuellen § 184b StGB(Kinderporno) entschieden. Im Nachgang hat sich nun auch der Fachanwalt für Strafrecht & IT-Recht Jens Ferner zu dieser Entscheidung positioniert. In den wesentlichen Punkten schließen wir uns der Rechtsauffassung des Anwaltes Ferner an. Es bedarf nunmehr weiterer Normenkontrollverfahren anderer Amts- und Landgerichte. Und zwar solange, bis das BVerfG eine Entscheidung im Einzelfall trifft und noch besser den momentanen § 184b StGB für verfassungswidrig erklärt. Der Bundesjustizminister Marco Buschmann(FDP) hat zwar eine Rücknahme der damaligen Strafverschärfungen angekündigt, aber ein Gesetzentwurf lässt weiterhin auf sich warten. Ganz offensichtlich ist der Unrechts § 184b nicht nur für das BVerfG eine heiße Kartoffel, sondern auch für den Gesetzgeber der Ampel-Bundesregierung. Fakt ist bei allen "Tatbegehungen" nach dem 1. Juli 2021: Alle Verurteilungen orientieren sich beim Strafmaß an einer Mindeststrafe von einem Jahr. Die damalige Anhebung zum Verbrechtsstraftatbestand lässt für die Fachgerichte keine minderschweren Fälle und Verfahrenseinstellungen bei Geringfügigkeit zu. Eine solche Gesetzgebung darf mit dem Grundgesetz nicht vereinbar sein. Wir raten deshalb allen Betroffenen mit ihren Verteidigern Rechtsmittel durch alle Instanzen einzulegen. Nach Ausschöpfung aller Rechtsmittel empfehlen wir den Anwälten mit ihren Mandanten Verfassungsbeschwerde einzureichen. Das Motto lautet: Gegen UNRECHT hilft nur Widerstand!!! Lesen Sie weiter mit einem Klick auf den unteren Link....
https://www.ferner-alsdorf.de/bverfg-weist-amtsrichterliche-vorlagen-zu-kinderpornographie-zurueck/
Zitate
Ärgerliche Zurückweisung
Sehr viele Praktiker in diesem Land haben auf diese Entscheidung gewartet, um nicht zu sagen: Man ist zwingend darauf angewiesen. Für mich hat es den deutlichen Geschmack, dass man sich hier die Finger nicht verbrennen wollte, vielleicht auch gar nicht verstanden hat, worum es eigentlich geht (was erklären würde, warum die Entscheidung leise publiziert wurde und nicht mal eine Pressemitteilung erhalten hat).
Dabei ist es in der Tat so, dass die formellen Voraussetzungen für eine Vorlage nach Art. 100 I GG sehr hoch sind. Warum man dann aber den Kollegen bei den Fachgerichten nicht die Gelegenheit zur Nachbesserung unter konkreten Hinweisen gibt, sondern vielmehr die Hürden so hoch legt, dass sich verständlicherweise kein weiterer Richter mehr die Finger verbrennen möchte, weil man Sorge hat sich zu blamieren (tut man nicht, aber ich verstehe, dass man das so empfindet) ist doch nur nachvollziehbar. Zumal man sich vor Augen halten muss, dass der durchschnittliche Richter am Amtsgericht eine Vielzahl laufender Verfahren hat und sich nicht mal eben ein paar Wochen allein für einen Vorlagebeschluss nehmen kann.
Folgen für die Praxis
Die Folgen für die Praxis sind enorm, ich befürchte, vielen – auch nicht beim BVerfG – ist noch nicht ganz klar, was diese wirklich ärgerliche Vorgehensweise bedeutet:
Konkrete Verfahren in denen ausgesetzt war: Entsprechend Art. 100 I GG hat der Richter, der Zweifel an einer Norm hat, diese zwingend vorzulegen und das Verfahren auszusetzen, ein Ermessen gibt es nicht. Die Richter, die das nun getan haben, müssen genau überlegen, ob diese Zweifel beseitigt sind und wie das auf einmal gekommen sein soll; sie sind genau genommen gezwungen, umgehend eine neue Vorlage mit korrigierter Begründung aufzusetzen – und das so lange, bis die Hürde der Unzulässigkeit überwunden wurde;
Andere Verfahren, die ausgesetzt waren: Alle Richter, die ausgesetzt haben, mit Blick auf die Vorlage beim BVerfG, werden sich fragen müssen, ob sie damit nicht schon Zweifel dokumentiert haben; falls ja müssen sie genau genommen jetzt eigene Vorlagebeschlüsse zimmern, da bereits der Blick auf die bisherige Aussetzung zeigt, dass man genau genommen nicht wegen gleich gelagerter Vorlagen in anderen Verfahren aussetzen darf, sondern vielmehr immer zwingend vorlegen muss (in jedem Kommentar zur Aussetzung nachzulesen, das ist nichts Neues, es war aber bisher sinnvoll, das zu ignorieren; zur Vertiefung Karlsruher Kommentar, §228 Rn.2, mit ausdrücklicher Bezugnahme auf gleichgelagerte Verfahren); Richter müssen daran denken, dass eine Befangenheit im Raum steht, wenn man seine Bedenken aus sachfremden Motiven ignoriert;
Strafverteidiger: Diese Verfahren sind für uns nie leichtes Brot, jetzt wird es noch nerviger – zuvorderst sollte in bereits ausgesetzten Verfahren mit Blick auf das immer noch anhängige Verfahren beim BVerfG – 2 BvL 3/23 die weitere Aussetzung angeregt werden; sodann sollte stilvoll die Diskussion mit dem Gericht über das weitere Vorgehen geführt werden, etwa ob dies nicht schon als Zeitgewinn sinnvoll ist mit Blick auf die Ankündigung der Justizminister, dass man den Zustand nicht beibehalten möchte;
aus meiner Sicht ist es jedenfalls absolut unvertretbar, nicht zwingend alles bis in die Revision zu führen, um sodann wenigstens die Türe für eigene Verfassungsbeschwerden offenzuhalten. Mit der Rüge der Befangenheit wäre ich persönlich in dieser komplexen und für alle nun vergifteten Situation zurückhaltend. Es ist bedauerlich, dass das BVerfG diese Mehrarbeit – auch für sich selbst – verursacht hat, weil man unbedingt nach Schema F diese heiße Kartoffel vom Teller haben wollte.
K13online Anmerkungen
In den wesentlichen Punkten schließen wir uns der Rechtsauffassung des Anwaltes Ferner an. Es bedarf nunmehr weiterer Normenkontrollverfahren anderer Amts- und Landgerichte. Und zwar solange, bis das BVerfG eine Entscheidung im Einzelfall trifft und noch besser den momentanen § 184b StGB für verfassungswidrig erklärt.

Legal Tribune Online(LTO): Strafverfolger, 16 Landesjustizminister und zuletzt auch Innenministerin Faeser fordern, die praxisuntaugliche Strafandrohung des § 184b StGB wieder rückgängig zu machen |
22.04.2023 |
Im Schneckentempo zur Rücknahme der Strafverschärfungen im § 184b StGB(Kinderpornos): Jeder weitere Tag produziert neue Gesetzes- und Justizopfer mit einer Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr
Das Rechtsmagazin Legal Tribune Online(LTO) berichtet zusammenfassend über den aktuellen Stand der angekündigten Rücknahme der Strafverschärfungen im Unrechts § 184b StGB. Nach Auskunft des Bundesjustizministeriums soll bis Ende dieses Jahres 2023 ein Konzept für eine Strafrechtsreform vorliegen. Bei einem solchen Schneckentempo könnte frühestens 2024 ein Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht werden. Das Gesetzgebungsverfahren würde sich bis zum Inkrafttreten über weitere Monate hinziehen. In der Zwischenzeit werden Abertausende von weiteren Gesetzes- und Justizopfer produziert, die durch die Gerichte zu einer Mindeststrafe von einem Jahr verurteilt werden müssen. Ganz offensichtlich hat der Bundesjustizminister Marco Buschmann(FDP) den dringenden Handlungsbedarf (noch) nicht erkannt. Die politische Verantwortung für die aktuelle Gesetzeslage liegt zwar nicht bei der FDP, sondern bei der früheren GroKo, insbesondere der CDU/CSU. Jedoch kann auch die damalige SPD mit der Bundesjustizministerin Lambrecht nicht von politischer Schuld freigesprochen werden. Die jetzige Bundesinnenministerin Faeser(SPD) hat zwar grünes Licht für eine Rücknahme gegeben, aber auch diese kam mit einem Schneckentempo daher. Bleiben noch die GRÜNEN in der Ampelkoalition. Die rechtspolitischen Sprecher der Fraktion DIE GRÜNEN werden aufgerufen, dieses Schneckentempo zu beenden. Bei der aktuellen Debatte behauptet der rechtspolitische Sprecher der Unionsfraktion, MdB Prof. Günter Krings, gegenüber LTO tatsächlich: Hinsichtlich des Strafrahmens betreffend Kinderpornographie hatte die Union sich dagegen für eine differenzierte Lösung ausgesprochen, nachdem der Vorschlag der damaligen Bundesjustizministerin Lambrecht von verschiedenen Sachverständigen in der Anhörung des Rechtsausschusses kritisiert worden war. Unser damaliger rechtspolitische Sprecher hatte Frau Lambrecht sogar einen schriftlichen Vorschlag übermittelt, der aber von ihr abgelehnt wurde." Solche gegenseitigen Schuldzuweisungen zwischen CDU/CSU und SPD werden noch sehr "lustig" werden. Es kommt aber noch schlimmer. Krings rühmt sich: "Die Union hatte damals durchgesetzt, dass der sexuelle Missbrauch von Kindern als Verbrechen und somit mit einer Mindeststrafe von einem Jahr bestraft wird. Dies war ein Meilenstein für den Kinderschutz." Die CDU/CSU hatte tatsächlich dafür gesorgt, dass es auch im § 176 StGB keinen minderschweren Fall mehr gibt. Auch dies muss bei einer Strafrechtsreform wieder rückgängig gemacht werden. Bei Geringfügigkeiten müssen die Gerichte wieder die Möglichkeit erhalten, Freiheitsstrafen unter einem Jahr oder Strafbefehle(Geldstrafen) zu erlassen oder Verfahren einzustellen....
https://krumme13.org/news.php?s=read&id=5105
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Verfassungswidrigkeit oder Verfassungsmäßigkeit des § 184b StGB(Kinderpornos) bleibt offen: BVerfG erklärt Normenkontrollvorlagen der Amtsgerichte München & Wuppertal wegen nicht hinreichender Begründungen für unzulässig |
12.04.2023 |
K13online ruft weiterhin die Amts- und Landgerichte zu Normenkontrollvorlagen beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) auf: Die am 1. Juli 2021 in Kraft getretene Version des § 184b StGB muss vom BVerfG für verfassungswidrig erklärt werden
Das Bundesverfassungsgericht(BVerfG) hat bei den zwei Normenkontrollvorlagen der Amtsgerichte in München und Wuppertal entschieden, über die Verfassungswidrigkeit oder Verfassungsmäßigkeit zu § 184b StGB weder in den beiden Einzelfällen noch in seiner Gesamtheit zu entscheiden. Die drei Richter/innen der 3. Kammer des Zweiten Senats(Kessal-Wulf + Wallrabenstein + Offenloch) haben es stattdessen vorgezogen, die begründeten Vorlagen als unzulässig zu erklären. Damit nehmen die drei Verfassungsrichter/Innen die damalige GroKo aus CDU/CSU & SPD zumindest indirekt in Schutz, denn die frühere Bundesregierung hatte den § 184b zum Verbrechen hochgestuft, wobei kein minderschwerer Fall mehr möglich ist. K13online ruft weiterhin die Amts- und Landgerichte zu Normenkontrollvorlagen beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) auf. Die am 1. Juli 2021 in Kraft getretene Version des § 184b StGB muss vom BVerfG für verfassungswidrig erklärt werden. Die beim Münchener und Wuppertaler Amtsgericht anhängigen Strafverfahren werden jetzt fortgesetzt. Freisprüche der Beschuldigten/Angeklagten sind zwar nicht völlig ausgeschlossen, aber ziemlich unwahrscheinlich. Bei Verurteilungen rät K13online den Verteidigern & Mandanten den Rechtsweg durch alle Instanzen. Nach erfolgloser Ausschöpfung aller Rechtsmittel empfehlen wir den Mandanten mit einem anwaltlichen Verfassungsrechtler selbst Beschwerde beim BVerfG einzulegen. Eine solche Verfassungsbeschwerde muss natürlich hinreichend begründet sein, so dass das BVerfG diese Beschwerde zur Entscheidung annimmt. Das BVerG kann bei Vorliegen der Urteilsbegründungen vom Amtsgericht und einer Sprung-Revision beim Oberlandesgericht anders entscheiden wie bei der Normenkonkrollvorlage. Der Unrechts § 184b StGB kann noch immer für verfassungswidrig erklärt werden. Auch kann die Verurteilung in diesen zwei Einzelfällen wegen Verfassungswidrigkeit aufgehoben werden. Mit den nun vorliegenden zwei Aktenzeichen der Amtsgerichte werden wir bei den beiden Richtern über den weiteren Verlauf der Strafverfahren anfragen. Bezeichnend ist auch, dass dieser BVerfG-Beschluss vom 12. März 2023 nicht als Pressemitteilung verbreitet wurde. Aus diesem Grunde hat bisher nur das Internet-Portal "Rechtslupe" berichtet. Der Beschluss befindet sich jedoch versteckt auf der Webseite des BVerfG. Wir rufen deshalb die Deutsche Presseagentur(dpa) und alle Mainstream-Medien zur Berichterstattung auf. Detaillierte Hintergrundinformationen finden Sie mit einem Klick auf weiterlesen...
https://krumme13.org/news.php?s=read&id=5095
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